Weit oben, weit oben, weit oben allein auf dem Gipfel der Welt!
Wer etwas über die Geschichte/Hintergründe erfahren möchte kann mal hier vorbei schauen: https://www.matterhornparadise.ch/de/sommer/bergsteigen-und-klettern/matterhorn-erstbesteigung
Ich kannte, bevor ich in das Stück gegangen bin, auch nur grob die Story und wusste sonst absolut nicht was auf mich zukommt. Wie immer war ich sehr gespannt, denn was das Theater St.Gallen anpackt, wird ein Erfolg. So auch dieses Stück!
Die Besetzung des Abends war folgende:
Oedo Kuipers verkörperte "Edward Whymper", den Erstbesteiger des "Matterhorns". Anfänglich stellt er den etwas überheblichen Einzelgänger, den die Gier nach Sieg antreibt und ihn somit alles andere vergessen lässt, dar. Im Laufe des Stückes wandelt sich seine Rolle zu einem Mann, welcher mit den Gedanken an die Schuld des Todes seiner vier Bergsteigerkollegen nicht klar kommt und ihn so voller Zweifel und Zerissenheit zeigt. Oedo stellt für mich seine Rolle absolut authentisch und echt dar. Schauspielerisch fand ich ihn einsame spitze und gesanglich unglaublich! Er schmetterte die Töne nur so raus und konnte bei seine Soli glänzen! Auch das Gleichgewicht zwschen Arroganz und Zweifel stellt er fantastisch dar!
vorne: Oedo Kuipers, rechts: Sabrina Weckerlin, links: Jon Geoffry Goldsworthy (c) liegt bei mir |
Die Tochter des englischen Seilfabrikanten "Olivia Buckingham", wurde von Lisa Antoni gespielt. Sie mimt die feine Dame, welche aus rein geschäftlichen Gründen mit "Douglas Robert Hadow" (gespielt von Marco Toth) verheiratet werden soll. Da sie für ihn keine Liebe empfindet, verweigert sie die Hochzeit, denn als die "Edward Whymper" kennenlernt ist sie von ihm sehr angetan. Lisa spielt die Rolle glaubwürdig und kann den englischen Aristokraten -"touch" sehr gut verkörpern. Auch gesanglich gibt sie der Rolle was gefordert ist. Dennoch könnte sie meiner Meinung nach noch etwas mehr "Schwung" rein bringen und in manchen ihrer Soli noch eins drauf legen. Nichtsdestotrotz ist sie fantastisch und vor allem in der "Albtraumszene" kann sie ihr volles Können zeigen.
Ich durfte Sabrina Weckerlin nun schon in einigen Stücken bewundern, aber ihre Rolle "Orka" in "Matterhorn" ist wieder etwas ganz besonderes. Zum einen ist "Orka" keine menschliche Person, die in der Realität existierte. Ihre Rolle verkörpert die "Natur" und damit "ihren Berg Matterhorn". Sie ist die Herrscherin über Himmel, Wasser, Erde Luft. Fantastisch und natürlich mit unvergleichlich starker Stimme stellt Sabrina sich dieser Herausforderung und begeistert damit wieder einmal restlos. Sie taucht oft "aus dem Nichts auf" und verschwindet dann aber auch unbemerkt wieder. Sehr mysthisch und geheimnisvoll spielt und sing sie. Ihr Kostüm ist unglaublich schön und erinnert an eine indische Bauchtänzerin. Dennoch passt es ins Stück, da es sich von den "normalen" Kleidern der real existiernden Personen,abhebt. Ihr Soli "Warum sind sie blind?" ist wunderschön und drückt ihre Verbundenheit zur Erde und die Abscheu gegenüber den Menschen, die in die Natur eingreifen, aus!
"Jean-Antoine Carell", der Gegenspieler von "Edward Whymper" wurde von Benjamin Oeser verkörpert. Als Bergführer sollte er anfänglich mit "Edward" als erster das Matterhorn besteigen, bekam dann aber ein besseres Angebot von den Italienern und entschied sich mit ihnen die Erstbesteigung durchzuführen. Leider erfolglos und somit bleibt er in dieser Hinsicht der Looser des Stückes. Benjamin hat die Rolle glaubwürdig dargestellt, auch gesanglich war er toll, aber er stach jetzt nicht wesentlich heraus.
Ganz im Gegensatz zu Luigi Schifano in der Rolle des "Luc Meynet". Er stellt sozusagen den "Dorfkrüppel" dar, welcher den Bergsteigern als Handlanger dient und auch zwischen den Dorfbewohnern vermittelt. Ich kannte Luigi Schifano davor gar nicht und war vom ersten Ton an fasziniert. Wow! Als Counter Tenor schmettert er die höchsten Töne heraus und lässt es so aussehen, als ob es das Selbstverständliches auf der Welt ist! Seine Arien sind unglaublich fesselnd und berührend und es herrscht eine ganz besondere Stimmung auf der Bühne, wenn er sie betritt! Auch schauspielerisch konnte er die Bescheidenheit und das genaue Gegenteil der gierigen "Bergsteiger"darstellen!
Das Hotelbesitzerehepaar in Zermatt "Catharina und Alexander Seiler", wurde von Patricia Hodell und Ramin Dustar frisch, fröhlich und absolut authentisch dargestellt. Wohingegen Patricia mit ihrer Darstellung etwas mehr hervorstach als Ramin. Er war gut, keine Frage, aber mehr auch nicht. Patricia hingegen konnte mit ihrer frechen Art punkten, die auch durch den schweizer Akzent unterstützt wurde, welcher in manchen Szene perfekt gepasst hat! Gesanglich waren beide toll!
Reinwald Kranner als "Felice Giordano" war hervorragend und konnte schauspielersch sowie gesanglich glänzen! Leider hat er in seiner Rolle nur kurze Auftritte, was etwas schade ist! Aber in der Zeit, in welcher er die Bühne betritt, rockt er diese absolut!
In weiteren Rollen waren zu sehen Dean Welterlen als "Olivias" Vater "John Buckingham", Juliane Bischoff als "Marvella Favre", Jon Geoffry Goldsworthy als "Pfarrer Josef Ruden, André Bauer in der Rolle des "John Tyndall", Samuel Tobias Klauser als "Father Charles Hudson" sowie "Joseph Anton Clemenz", Marco Toth, als "Douglas Robert Hadow", Michael Souschek als "Michel Croz", Timo Verse in der Rolle des "Lord Francis Douglas", Martin Kiunke als "Peter Taugwalder sen.", sowie Nicolo Soller als "Peter Taugwalder jun.", sowie Stéphanie Signer als "Rosina", Max Meister als "Emil" und Anna Burger, Jil Clesse, Klaudia Dodes, Gabriella Ryffel und Pamela Zottele im hervorragenden Ensemble!
komplettes Ensemble (c) liegt bei mir |
Das Bühnenbild ist für mich in diesem Stück das Hervorstechende! Es wurden fantastische Bühnenelemente entworfen, wie beispielsweise das "Matterhorn" als Kulisse, welches sich in einem See spiegelt! Auch die Drehbühne,welche in Form einer Bergspitze gefertigt wurde, ist der Hammer und wird in vielen unterschiedlichen Szenen eingesetzt. Fantastisch sind auch die Videoprojektionen, für die das Theater St.Gallen bekannt ist. Egal ob Himmel, See, Häuser, Gestein, die Erdkugel oder Orkas Gesicht! Alles wird auf die Leinwand projeziert und das so echt, dass man sich wirklich in diese Welt hineinversetzt fühlt.
Der erste Akt zieht sich nach meinem Empfinden etwas in die Länge. Es wird in dieser Hälfte daraufhingearbeitet, das "Matterhorn" zu erklimmen, was dann im 2.Akt geschieht und dieser Teil des Stückes zügiger zu verstreichen scheint!
(c)liegt bei mir |
(c) liegt bei mir |
https://www.youtube.com/watch?v=rmIgmAb6zsM
Wer die Chance hat, sollte sich das Stück nicht entgehen lassen, vor allem auch bei so einer hochkarätigen Besetzung!
In diesem Sinne alles Liebe und bis bald!
Eure Julia
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